Ferdinand von Müller in TönningLeben in Tönning und Ausbildung in Husum, Studium in Kiel |
Er trug 100derte gepreßte Pflanzen Eiderstedts und Schleswigs und seine hiesigen Bestimmungsbücher als Hauptgepäck mit sich, als er nach Australien auswanderte. Er ging in eine Kolonie, die heute einige Staaten umfaßt und als Australien im Sinn einer Nation und eines Kontinents bekannt ist. | ||
Es gibt eine Ecke für Ferdinand von Mueller im tönninger Museum der Tönninger Gesellschaft für Stadtgeschichte im Packhaus, auch ein paar Hinweise im Nissenhaus, dem Heimatmuseum für Nordfriesland. Im Tönninger Stadtbild macht nur diese kleine Holztafel am Wasser- und Schifffahrtsamt auf den berühmtesten Naturforscher Australiens aufmerksam. Foto: Kohlus, 1999. |
Über sein Leben in Tönning, zwischen 10 und 15 Jahren alt,
liegen nur wenig bekannte Angaben vor.
Nach dem Tod seines Vaters durch die Tuberkolose ging seine Mutter zu ihrer Familie nach Tönning zurück. Home (1997) macht deutlich, wie sehr falsch ältere Biographien das Leben der Familie in Tönning in Armut und Hoffnungslosigkeit vermitteln. Die Familie seine Mutter gehörte vermutlich zu den reichesten Bürgen in Tönning. Ihr Vater handelte während der gegen Napoleon durch die britische Navy verhängten Kontinentalsperre mit Fleisch nach England. Tönning gelangte als südlichster dänischer und offener Nordseehafen in dieser Zeit durch diesen Handel erneut zu wirtschaftlicher Bedeutung, denn Hamburg und die anderen deutschen Nordseehäfen waren durch die Kontinentalsperre blockiert. |
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Zudem besaß die aus Magdeburg zugewanderte Famiele Mertens im
holsteinischen Dithmarschen Höfe mit Viehzucht. Günther Klatt,
Historiker und späterer Inhaber der Lehrapotheke von Ferdinand Müller
in Husum, leitet her, daß der Bruder von Ferdiands Mutter kurz nach
dem Tode des Vaters vermutlich der reichste Bürger Tönnings war.
Auch die Familie Müller war nicht arm, als die Mutter nach Tönning
zurückzog. Sie, Louise Müller geb. Mertens, erwarb in Tönning
die Lizens für den Fährbetrieb zwischen Tönning und Dithmarschen
mit einem Kontrakt der königlich dänischen Post. Die Eider war
Staatsgrenze und die nächste Grenze um in konfliktreicher Zeit Außenhandel
zu betreiben.
Aber nicht nur die Müller's wohnten dort, auch Teile der wohlständigen tönninger Mertens fanden dort Unterkunft und weitere Räume wurden vermietet. Insgesamt rund zwanzig Menschen lebten dort neben den Schreibstuben des Fährunter- nehmens. Ganz offensichtlich versuchte Ferdinands Mutter mit viel Energie und guten Finanzmitteln nach dem Tode seines Vaters sich eine neue Existenz zu verschaffen. Es ist daher nicht davon auszugehen - wie es viele frühere Autoren taten -, daß sie bereist von kommender Krankheit gezeichnet war. |
Im linken Teil des heutigen Wasser- und Schiffahrtsamtes war der Fährbetrieb der Mutter untergebracht und fand die Familie Wohnung. Foto: Kohlus, 1996.
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Aber schon nach etwa 4 Jahren in Tönning starb im Jahr 1840 auch
seine Mutter an der Volkskrankheit Tuberkolose. Eine Krankheit, die oft
spät erkannt wurde und oft als Lungenschwäche allgemein umschrieben
diagnostiziert wurde.Klatt (1981) berichtet,
daß die Mutter von der ältesten Tochter Ywanne gepflegt wurde.
Trotz der Neuerwerbungen konnte sie noch kurz vor ihrem Tod die teure Ausbildung von Ferdinand Müller an der Einhorn-Apotheke vertraglich sichern. Die Rücklagen reichten auch, daß Ferdiand in Kiel später ein Studium als Pharmazeut aufnehmen konnte. Ferdinand begann noch kurz vor dem Tode seiner Mutter seine Lehre in
der 1613 gegründeten Einhornapotheke in Husum bei E.G. Becker. Pflanzliche
Wirkstoffe haben bis heute eine wichtige Rolle und wurden damals meist
bei den Apotheken selbst aufbereitet. In seinem Hinterhofzimmer der Apotheke
forschte Ferdiand Müller autodidaktisch weiter und erhielt dabei wohl
auch Unterstützung durch seinen Lehrherren (Klatt,
1981).
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Bekannt ist, daß Fedinand Müller schon während
seiner Apothekerlehre häufig pflanzenkundliche
Excursionen durch Eiderstedt unternahm. und bereits Kontakt zu vielen
Pflanzensammlern und seinem späteren Professor, Ernst Friedrich Nolte,
von der Universität Kiel hatte. Bereits 1843 legte er eine Niederschrift
zu seinen Beobachtungen von: "Husums phanerogamischer Flora" vor. Später
erweitere und überarbeitet er diese zu den bereits aus Australien
zur Publikation eingebrachten Beiträgen: "Brevarium
plantarum Ducatus Selsvicensis austro-occidentalis" - sinngem: "Botanische
Skizze der südwestlichen Gegenden Schleswig" - (1853). In seinen Tagebüchern
legte er zudem zahlreiche Beobachtungen zur Botanik nieder, über die
soweit bekannt hier später berichtet werden wird.
Bereits mit 18 Jahren wurde Ferdinand durch den Tod seiner Mutter zum Familienoberhaupt. Eine damals unfragliche Rolle des männlichen Nachkommen. Klatt (1981) berichtet, daß Müller aber den Kontakt zur Familie in Tönning mied. Klar entschieden betrieb er die Beendigung seiner Ausbildung als Apotheker mit erfolgreichem Abschluß 1846. Heute undenkbar ohne Studium - qualifiziert durch seine Lehre als Pharmazeut und Medizinkundiger - konnte er im gleichen Jahr an der Universität Kiel eine Doktorarbeit über die Pflanzenwelt des südlichen Landesteils Schleswig einreichen. Ältere Angaben das Mueller über das Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris L.) promovierte sind zu korregieren (S. Markose mündl. 2001). |
In der Mueller-Hall, dem Natioanal Herbar of Victoria, Australia, sind bis heute zahlreiche Pflanzen Eiderstedts und des Amtes Husum in Verwahrung. Vor über hundert Jahren herbarisierte Müller dieses Nixkraut neben zahlreichen anderen Pflanzen aus Eiderstedt, nahm sie mit nach Australien und brachte sie als Grundstock neben vielen von ihm und für ihn gesammelte Pflanzen ein. Foto: Kohlus, Melbourne, 2001. |
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Nach Klatt (1981) kann zwar
das Studium Müllers in Kiel nachgewiesen werden, aber letztlich sind
nur Nachweise von 2 Semestern zu finden. Er nutzt hierzu die Quelle Grundlach
(1915) mit dem Vermerk:
Ferdiand Jacob Heinrich Müller, Pharm., Alter 20, Geburtsort Rostock, Eltern: Vormund Hofbesitzer Ferdiand Martens, Tönning, Schule: keine. Nach gerade nachweisbaren 2 Semstern stand der Autodidakt Ferdiand Müller als Dr. Müller, eine Option, die ihm auch seinen Weg in Australien vereinfacht haben dürfte. Es läd ein, über die heutigen bildungspolitschen Ziele nachzudenken. |